Die in Berlin lebende Alternative-Hip-Hop-Künstlerin und Songwriterin Cassianne Lawrence hat in den letzten Jahren ihr Können auf den Bühnen Berlins unter Beweis gestellt. Cassianne verbindet ihre musikalischen Fähigkeiten mit ihrer lebenslangen Erfahrung im Schreiben von Gedichten und schafft so die perfekte Verbindung zweier ihrer Leidenschaften. Caxxiannes Entwicklung zur Musik hat es ihr ermöglicht, sich frei und kühn auszudrücken und sich zu trauen, das zu sagen, was andere nicht sagen wollen. Ihre Musik hat den einzigen Zweck, den Rebellen in jeder Seele zu befreien, die es wagt, sich für ihre lyrischen Segnungen zu öffnen. Sie ist eine selbsternannte Peoplelutionistin, die sich für die Rechte ihres Volkes und aller Menschen einsetzt. Caxxiannes Arbeit bringt dich an einen Ort, an dem Worte zu Freiheit werden, einen Ort der Freude für Schwarze und Braune Menschen.
Berlin-based Alternative Hip Hop artist and songwriter, Cassianne Lawrence has been honing her skills on stages across Berlin for the past few years. Cassianne blends her Music skills with her lifetime of Poetry writing experience, bringing about the perfect marriage of two of her passions.
Caxxianne’s evolution into music allowed her to express herself freely and boldly, daring to say what others won’t. Her music is created with the sole purpose of liberating the rebel in every soul that dares to open up to her lyrical blessings.
She is a self-proclaimed peoplelutionist advocating for the rights of her people and all people. Caxxianne’s work takes you to a place where words become freedom, a place of elation for Black and Brown Humans.
Was ist meine Realität? Wie viel davon ist meine selbstbestimmte Realität und wie viel davon eine fremdbestimmte?
In diesem Schreibworkshop möchten wir versuchen, Realität nicht als starr und unveränderbar zu sehen. Dafür wollen wir gemeinsam nach Möglichkeiten suchen, um uns selbst in unserer Realität wiederzufinden.
Dabei thematisieren wir unsere Prägungen, unsere Diskriminierungserfahrungen, unser jetziges Umfeld und unser Wunsch-Leben. Was haben meine Diskriminierungserfahrungen mit meinem jetzigen Umfeld zu tun? Wie kann ich nicht nur in einer geprägten Realität leben, sondern sie auch selbst prägen?
Mithilfe von Methoden aus dem kreativen Schreiben möchten wir herausfinden, wie wir unsere Realität selbst gestalten können. Neben den Schreibübungen wird es freiwillige Austauschrunden geben. Als Teilnehmer*innen braucht ihr keine Vorkenntnisse, sondern nur Stift und Papier.
Der Workshop ist für alle offen, die sich als FLINTA* und/oder BIPOC’s definieren. Jedoch werden bei den Anmeldungen BIPOC’s bevorzugt.
Der Workshop findet am 17.06. von 12.00 – 15.00 Uhr auf dem Campus der Leuphana Uni Lüneburg statt.
Rassismus ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen: sei es bei der Wohnungssuche, in der Kneipe oder anderen Alltagssituationen. Doch wo der nicht-offensichtliche Rassismus existiert, sind Reflektion und Aufklärung umso wichtiger.
Dieser praxisorientierte Workshop besteht aus zwei Teilen und beleuchtet nicht nur den offensichtlichen sowie bewussten und unbewussten Rassismus, sondern beschäftigt sich auch mit den Auswirkungen von strukturellem und institutionellem Rassismus. Hinzu soll das Format des Critical Whiteness insbesondere „weiß positionierte“ Menschen dazu anregen, ihre alltäglichen Normen, Leitbilder, Denkmuster und Privilegien im Umgang miteinander, im Team bei der Arbeit, in der Freizeit bzw. im Alltag zu reflektieren.
Der Workshop findet am 18.06. von 11.00 – 17.00 Uhr inkl. einer Stunde Pause im Freiraum in der Salzstraße 1 in Lüneburg statt.
Hamed Abbaspur ist Trainer und Moderator für Nachhaltige Entwicklung, Antirassismus und Empowerment. Durch seine Tätigkeit als deutscher PoC und sein Studium der Organisationsentwicklung und Nachhaltigkeit hat er sich auf die Entwicklung und Stärkung von nachhaltigen Strukturen sowie diversitätsbewussten Teams und Prozessen spezialisiert. Als Berater und Coach arbeitet er für Organisationen und mit Teams sowie auf der individuellen Ebene mit Einzelpersonen und Führungskräften.
In zwei Workshops mixen wir groovy Tunes für mehr Repräsentation an den Decks. Nura gibt euch eine Einführung in Rekordbox und ins Mixen. Wir vernetzen uns, tauschen uns über Musik aus und üben am Controller das Auflegen unserer Lieblingstracks. Nehmt gerne einen USB-Stick mit euren liebsten Songs mit, die euren Booty zum Shaken und euren Körper zum Dancen bringen. Der Workshop am Freitag ist für alle BIPOC und / oder FLINTA* Personen offen. Der Workshop am Samstag ist nur für FLINTA* Personen vorgesehen, wobei ich mich sehr über Anmeldungen von marginalisierten FLINTA* freue!
Die Workshops finden am Freitag, den 17.6, von 14-16 Uhr am Leuphana Campus statt und am Samstag, den 18.6, von 17.30-19.30 Uhr im Avenir in der Katzenstr. 2 statt.
@cesco.blz ist ein in Berlin lebender Schlagzeuger, Rapper und Sänger.
Als Brasilianer und Deutscher überquert er musikalische Genregrenzen und mischt seine Einflüsse in seiner Musik. Geprägt von Künstlern wie Al Jarreau, Gilberto Gil, Samy Deluxe und Anderson Paak, ist die Dreisprachigkeit in seiner Identität verankert und bringt eine neue Perspektive für die Zukunft des Hip Hop.
Nach mehreren Veröffentlichungen in den letzten zwei Jahren, (Singles, Musikvideos, Features und einer EP), Live-Auftritten beim Lunatic-Festival Lüneburg, Knust‘- Hamburg, `Badehaus‘-Berlin und Kollaborationen mit Künstlern wie Magro, Leona Leona Berlin und dem BMG-Produzenten Hybro, erschien sein Debütalbum am 10. Dezember 2021. Mit „wavey“ verbindet er sein Talent am Schlagzeug mit seinem Sound und kreiert einen neuen, lebendigen und organischen Stil des Hip Hop.
„I am deeply connected to live music, which is why it was important to me to have them played on my album by actual people“.
Eine Rapperin, Performerin, Ikone oder Kämpferin? Alles Synonyme für Queenwho, die weiß, wie sie ihre Bars schreibt und einsetzt. Egal, ob auf Spanisch, Deutsch oder Englisch, jede*r weiß: “If Queenwho raps on the beat, she‘s killing it!”
Sie ist eine Künstlerin aus Bremen, die mit ihren Songs auf verschiedenen Plattformen Menschen erreichen will. Ihre Songs stehen für Black Empowerment, intersektionalen Feminismus und Black Culture.
Queenwho ist auf verschiedenen Bühnen unterwegs und bringt mit ihrer Stimme und Moves den ganzen Raum zu beben. Sie macht Rap nicht nur als Kunst – sie macht Rap einzigartig.
Gizem Adiyaman ist eine in Berlin geborene und aufgewachsene DJ, Podcasterin und politische Pädagogin. Sie absolvierte ihren Master in Soziokulturwissenschaften an der Europa-Universität Viadrina und der Universidad Nacional Autónoma de México. 2017 gründete sie zusammen mit ihrer besten Freundin Lucia Luciano die Veranstaltungsreihe und das Soundsystem Hoe_mies, das sich auf weibliche & LGBTQI-Künstlerinnen, insbesondere im Hip Hop, konzentriert.
Adiyaman und Luciano sind auch die Gastgeberinnen des Spotify-Original-Podcasts „Realitäter*innen“, bei dem es darum geht, marginalisierten Identitäten eine Plattform zu bieten, um den Mainstream über ihre Realitäten aufzuklären und typisch tabuisierte Themen wie Sexarbeit, das Gefängnissystem, Obdachlosigkeit und mehr zu beleuchten.
In dem Interview mit Gizem Adiyaman wird es um den Diaspora-Begriff in Bezug auf die Musik- und Partyszene gehen. Mit ihrer Expertise werden wir Fragen danach auf den Grund gehen, wieso es wichtig ist, wie wir unseren Musikkonsum gestalten und welche Bedeutung dabei dem Thema “Repräsentation” zukommt.
Zwischen Lehrbüchern zu Jazzmusik, Schmutzwäsche und Pommes liegt Suza, achtzehn, und will nicht mehr raus. Ihre rote Gitarre, Erbstück von ihrem Vater, wurde zum Sinnbild ihrer Unzulänglichkeit. Doch Sozialer Rückzug ist gar nicht so einfach, wird man belagert durch eine hysterische Mutter, einen Erpresser als besten Freund und einen seltsamen alten Spinner, der genau vorm eigenen Fenster die ganze Welt beschimpft.
Biographie
Denise Ekale Kum ist eine autodidaktische Filmemacherin, aufgewachsen zwischen Deutschland und Kamerun und mit Lebensabschnitten in Brasilien und Japan. Neben der Regie von visuell anspruchsvollen Musikvideos und der Arbeit an ihrer Jahreszeiten Kurzfilmreihe, ist sie als Development Producer bei Panthertainment tätig und für Kunden wie KIKA, Netflix und Disney+ dramaturgisch beratend aktiv. Die ersten Filme ihrer Kurzfilmreihe, Wintersonnenwende, Natsu No Takaramono und Respringendo, gedreht in Berlin und Tokyo, wurden international aufgeführt und erhielten mehrere Preise.
Dort wo wir leben, dort ist unser Land: Jüdischer Diasporismus im 21. Jahrhundert Der jüdische Diasporismus ist eine politische Strömung die für die kulturelle, soziale und politische Emanzipation von Jüdinnen* und Juden in der Diaspora eintritt. Sie orientiert sich an der Tradition des allgemeinen jüdischen Arbeiterbunds, kurz „Bund“ genannt, die größte jüdische sozialistische Partei in Osteuropa Anfang des 20. Jahrhunderts. Einerseits war der Bund internationalistisch ausgerichtet und kämpfte für die Befreiung der Arbeiter*innenklasse durch die Überwindung kapitalistischer Machtverhältnisse; andererseits waren die Bundist*innen selbstbewusst jüdisch, organisierten antifaschistische Selbstverteidigung gegen antisemitische Progrome und förderten die jiddische Sprache und Kultur. Isabel Frey ist jiddische Sängerin und politische Aktivistin und trägt mit ihrer Musik die diasporistische Tradition des Bunds in das 21. Jahrhundert. Ihr Debütalbum mit dem passenden Titel „Millenial Bundist“ interpretiert jiddische Revolutions- und Widerstandslieder teils traditionell und teils auf die heutige Politik angewendet. In diesem Vortrag spricht sie über den jüdischen Diasporismus, das neo-Bundistische Revival und wie ihre Praxis als Musikerin dazu beiträgt.
Transmediale Künstlerin Sanni Est schaute bei der Komposition ihres kommenden Albums „PHOTOPHOBIA “ in die tiefste Dunkelheit ihres Selbsts und analysierte dadurch unterschiedliche Machtstrukturen und wie diese sich in ihrer Biographie abspielen.
Bei dem Lied „Au Pair“ (Kapitel 5), das sie mit 16 geschrieben hat, geht es um den Migrations Wunsch. Ein ehrlicher Bericht aus den Emotionen einer jungen trans* Frau ihrer Heimat und dem Unbekannten gegenüber.
Damals, recherchierte sie über das Programm Au Pair und hielt es eine Zeit lang für einen versuchenswerten Weg, nach Europa zu kommen.
15 Jahre später nahm sie die Musik auf: schreiende Lyrik von ihr selbst und Dornika Kazerani, Toque de Macumba (traditionelle afro-brasilianische Trommelmusik) und elektronische Streicher. Von dieser musikalischer Mischung hatte sie auch schon mit 16 geträumt, als sie ihre ersten Lieder geschrieben hat. Die Migration nach Europa ist ein Teil ihres Plans, sich mit der elektronischen Szene vertraut zu machen um avantgardistische Produzenten elektronischer Musik mit heimischen Trommelmeistern zusammen zu bringen um ihren einzigartigen Sound entwickeln zu können.
Einer der größten Einflüsse für dieses Projekt ist der Komponist und Sänger Chico Science, der Anfang der 90er zusammen mit anderen Bands wie Cordel do Fogo Encantado und Mundo Livre S/A die Bewegung Mangue Beat initiiert hat, wo zum ersten Mal traditionelle nordöstliche brasilianische Rhythmen mit elektronischen Instrumenten und US-amerikanischen Musikstilen zusammengemischt wurde.
In dem 90-minütigen Vortrag und Listening Session Au Pair – Die Klänge Meiner Diaspora erzählt Sanni mehr über ihre Musikrecherche, die soziale Bedeutung von Mangue Bit in Brasilien, ihrer Migration und wie sich diese Themen in der Komposition ihres Liedes spüren lassen.
Colorism (oder auch Shadeism) ist eine Form von Rassismus, die weniger bekannt, aber genauso wichtig zu thematisieren ist. Sie basiert ebenso auf diskriminierenden Denkmustern wie Rassismus, jedoch bietet die Schattierung der Haut die Grundlage für eine Bevorzugung oder Benachteiligung einer Person. Schwarze Menschen mit eher hellerer Hautfarbe erfahren deshalb andere rassistische Diskriminierung als BIPoC mit dunklerer Haut. Light skinned People genießen Privilegien, die dark skinned Menschen verwehrt bleiben.
Diejenigen, die am ehesten dem europäischen Schönheitsideal gleichen, erfahren im Alltag weniger Ausgrenzung. Studien zufolge hat dies konkrete Auswirkungen im Justizsystem, bei der Wohnungssuche, auf dem Arbeitsmarkt, in den Medien, dem Gesundheitswesen und der Politik – also in allen Lebensbereichen. Menschen mit hellerer Haut fällt es oftmals schwer zu verstehen, dass sie in einem rassistischen System Privilegien genießen, die andere nicht haben. Wichtig ist vor allem die Anerkennung der unterschiedlichen Rassismuserfahrungen: Geschlecht, soziale Herkunft, Religion, sexuelle Orientierung, Körper, Be_hinderung, regionale Hintergründe und eben auch die Hautfarbe haben eine ausschlaggebende Wirkung.
Auch in Ländern des globalen Südens werden Menschen mit hellerem Hautton gesellschaftlich favorisiert. Der Hauptunterschied zu Rassismus ist, dass Colorism nicht nur zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen auftritt, sondern auch innerhalb einer ethnischen Gruppe. Im Diskurs und Kampf gegen Rassismus ist die Thematik innerhalb BIPoC Communities stark tabuisiert und macht ihre Auseinandersetzung sehr emotional.
Den Begriff Colorism prägte erstmals die afro-amerikanische Schriftstellerin Alice Walker. In ihrem Roman „Die Farbe Lila“ (1982) erklärt sie, dass rassistische Kategorisierung von vielen Faktoren abhängt. Der Hautton ist nur ein Diversitätsmerkmal, welches zur Hierarchisierung von Menschen missbraucht wird.
Sara und Jakob beschäftigen sich intensiv mit Komponist:innen sogenannter klassischer Musik, die bisher vom Konzertbetrieb und dem Lehrplan an Musikhochschulen in Deutschland gemieden oder ausgeschlossen werden.
Mit Hörbeispielen werden die Werke und Hintergründe einiger Kompnist:innen der afrikanischen Diaspora vorgestellt.
Sara Kanarski ist 23 und studiert Kulturwissenschaften an der Leuphana. Den Weg in die klassischen Musik fand sie als Jungstudentin für Cello in Bremen, seitdem ist sie immer mehr in die organisatorische Rolle geschlüpft und hat unter anderem für Tonali Konzerte organisiert und ist derzeit im Planungsteam des lunatic Festivals.
Jakob ist ein in den USA und Deutschland ausgebildeter Cellist und spielt überwiegend sogenannte Klassische Musik. Er ist Mitbegründer des jungen Kammerorchester ensemble reflektor und Mitglied des Rothko String Quartets
Derzeit findet der Prozess gegen den Attentäter statt, der im Oktober letzten Jahres versuchte in eine Synagoge in Halle einzudringen und Jüdinnen:Juden zu erschießen. Als er es nicht schaffte, erschoss er auf seiner Flucht zwei Menschen, eine Person auf offener Straße, eine in einem Döner-Imbiss. Er hatte ein klares antisemitisches, rassistisches und antifeministisches Weltbild.
Für viele war das Attentat ein riesiger Schock. Für jüdische Personen war es keiner. Schon lange warnen wir vor den Gefahren von Antisemitismus, dass rechtsextremistische Ideen sich wie Lauffeuer im Netz verbreiten lassen und dass es sich bei Antisemitismus nicht um ein Relikt aus der Vergangenheit handelt.
Ein Schock war es vorwiegend für diejenigen, die sich nicht mit den Auswirkungen der Ideologie der weißen Vorherrschaft auseinandersetzen und damit wie diese einen großen Bestandteil der deutschen Gesellschaft darstellt, wie diese Menschen rassifiziert und sie “andert”. Denn Deutschland ist keine homogene Gruppe und hat keine homogene Kultur. Nur durch die Stereotypisierung des ‘Anderen’ wirkt die eigene konstruierte Gemeinschaft wie eine homogene Gruppe in die vermeintlich andere nicht hineinpassen. Der Prozess der Anderung schafft somit die Identität einer eigenen Gruppe, die der “Deutschen”, durch die stereotypische Abgrenzung zur ‘anderen’ Gruppe, z.B. die der “Juden”.
Zu der Ideologie der weißen Vorherrschaft gehören Rassismus und Antisemitismus. Während bei rassistischen Praxen, zumeist die davon Betroffenen als minderwertiger konstruiert und hierarchisch untergeordnet werden, werden bei antisemitischen Praxen die davon Betroffenen als zugleich minderwertig und übermächtig konstruiert. Bei antisemitischen Praxen werden somit jüdische Personen und Institutionen nicht in ihrer Verschiedenheit wahrgenommen. Ob Schwarze Jüdinnen:Juden of Color oder weiße Jüdinnen:Juden, Mizrachim, Sephardim oder Aschkenasim, ob religiös oder atheistisch, ob Israeli oder Deutsch, sie werden alle zu einer Gruppe konstruiert, nämlich die der „Juden“. Die eigene Identität wird dadurch gestärkt, dass sie sich selbst von den „Anderen“ auf Grundlage positiv bewerteter Attribute abgrenzen kann und ungewollte Eigenschaften den „Anderen“ zugeschrieben werden. (vgl. Schäuble 2016, S. 1) Der_die Antisemit:in muss daher nicht sich selbst und gesellschaftliche Zusammenhänge reflektieren, sondern projiziert negative Eigenschaften und Entwicklung auf „die Juden“. Sie bestimmen was „der Jude“ ist und was nicht.
Dadurch werden „die Juden“ zugleich als fremd und übermächtig zu dem Selbst konstruiert, weshalb sie oftmals abstrahierende und komplexe Systeme verkörpern, für die sie schlussendlich beschuldigt werden können. Sie werden zur Grenzfigur der sozialen Ordnung und damit zu den Repräsentanten des Bösen gemacht. So steht die Konstruktion „der Juden“ abseits der Nation, sei schuld am Kapitalismus und am Sozialismus, macht aus dem „guten“ Kapitalismus das „böse Geldsystem“, und/oder sei die Elite, die geheime Komplotte schmiede und hinter Allem stecke. Diese Zuteilung ermöglicht es, sich selbst als Opfer fremder Mächte zu positionieren und sich an einem Sündenbock abreagieren zu können. Außerdem wird deutlich, dass die antisemitische Vorstellung die soziale Ordnung der Gesellschaft erhalten bzw. wiederherstellen will, ob das nun die Nation oder die „weiße Vorherrschaft“ ist. Um die soziale Ordnung wiederherzustellen, müssen in dieser Ideologie daher „die Juden“ identifiziert, entfernt und vernichtet werden. Ein bekanntes Bild, dass im Nationalsozialismus belebt und in der Shoah realisiert wurde. Da antisemitische „Judenbilder“ historisch gewachsen, tief kulturell verankert und weit verbreitet sind, begründen sie vielfältige Ideologien, aus denen sich ganze Weltanschauungen ergeben. (vgl. Schäuble 2016, S. 3)
Der an Verschwörungsmythen gekoppelte Antisemitismus, welcher stets eine verschwörungsgeleitete Welterklärung ergibt, gilt als der Unterschied vom christlichem Antijudaismus zum modernen Antisemitismus. Wenn also Mythen über Personen, die sich gegen die Welt verschworen haben, auftauchen, fallen sie oft auf die bewährte Konstruktion „der Juden“ zurück. Komplexe Sachverhalte und Zusammenhänge werden dadurch vereinfacht und alles Böse der Welt „den Juden“ zugeschrieben. Deshalb bedingen Verschwörungsmythen Antisemitismus strukturell.
Um Antisemitismus zu bekämpfen reicht es deshalb nicht aus, Polizeibeamte vor sämtliche Synagogen oder jüdische Schulen Deutschlands zu platzieren. Zumal viele jüdische Personen nicht einmal in einer jüdischen Gemeinde eingetragen sind. Antisemitismus findet auf Schulhöfen, in Unis, auf der Strasse, in der U-Bahn, bei den Eltern am Esstisch statt. Da er strukturell bedingt ist, muss er strukturell angegangen werden.
Dabei ist es die Aufgabe von nichtjüdischen Personen sich zu solidarisieren und gegen Antisemitismus einzustehen. Das bedeutet auch, jüdischen Personen bei der Ausarbeitung und Auslegung der Thematik ihrer eigenen Ausgrenzung den Vortritt zu lassen. Das bedeutet auch Geld in die Hand zu nehmen und jüdische Aktivist*innen, anti-antisemitische Arbeit von jüdischen Personen und jüdische Projekte zu unterstützen. Eine rein weiß-christliche Auseinandersetzung mit Antisemitismus läuft auf die Gefahr hin, zu stereotypisieren und jüdische Menschen wieder einmal nicht in ihrer Verschiedenheit wahrzunehmen. Außerdem kann es nicht sein, dass diejenigen, die von einem antisemitischen System profitieren, auch davon profitieren, über Antisemitismus aufzuklären.
Viele in Deutschland denken jüdische Menschen seien wie ein Mythos, als gäbe es uns gar nicht. Als seien wir nicht schon seit Jahrtausenden Teil von vielen Kulturen, als gäbe es keine jüdische:n Dichter:innen oder Philosoph:innen, als würden nicht über 100.000 jüdische Menschen in Deutschland leben.
Jüdinnen:Juden sind keine markierten Opfer, die zur Prime-time einmal im Jahr ausgefragt werden können wie schlimm es doch sei als eine jüdische Person in Deutschland zu leben. Wir sind Kämpfer:innen. Wir brauchen keine Hilfe, sondern eure Unterstützung. Wir brauchen eure Solidarität mit uns.
Investiert in jüdische Projekte, Personen und Kämpfe. Setzt nicht euch in den Fokus von unserem Kampf.
Das Video, das von einer durch die Situation traumatisierten Schwarzen jungen Frau am 25.Mai 2020 in Minneapolis gefilmt wurde, zeigt einen Schwarzen Mann, dessen Nacken von dem Knie eines US-amerikanischen weißen Polizisten auf die Straße gedrückt wird. Polizeigewalt ist kein Einzelfall, immer wieder werden People of Color, überproportional Schwarze Menschen, Opfer rassistisch motivierter Taten. Die brutale Ermordung George Floyds hat große Demonstrationen veranlasst, die darauf aufmerksam machen, dass Rassismus in gesellschaftlichen Strukturen, wie bei der ausführenden Gewalt der Polizei, verankert ist. Wer mit dem Zeigefinger auf die USA zeigt, hat die Situation in Deutschland auch einzubeziehen.
„Wir sind rassistisch sozialisiert worden. Wie bereits viele Generationen vor uns. Es ist nicht leicht, diese soziale Brille abzunehmen und eine rassismuskritische Sichtweise zu entwickeln. Aber: Es ist nicht unmöglich,“ meint Antirassismustrainerin Tupoka Ogette. Wer nicht ihre*seine weißen Privilegien reflektiert, erhält ein rassistisches System aufrecht und deshalb ist es so wichtig, sich nicht nur anti-rassistisch zu zeigen, sondern anzuerkennen, dass wir uns für einen rassismuskritischen Anti-Rassismus stark machen müssen, in dem sich in eine fortwährende Auseinandersetzung begeben wird.
Selten wird berücksichtigt, dass es eine lange Schwarze Geschichte in Deutschland gibt und diese ebenso Teil der Geschichte des Landes ist, die beispielsweise in der geringen Auseinandersetzung mit dem Deutschen Kolonialismus ausgeblendet wird. Es sind keine neuen Kämpfe, denn viele Initiativen und Organisationen von bzw. für Schwarze Menschen im deutschsprachigen Raum setzen sich seit Jahrzehnten für ihre Rechte ein. “Es sollte nicht Aufgabe von Minderheiten sein”, sagte Grünen-Politikerin und Vizepräsidentin des Schleswig-Holsteinischen Langtages Aminata Touré nach dem Mord an George Floyd, denn es ist eine gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung mit Rassismus, insbesondere Anti-Schwarzer-Rassismus, erforderlich.
Hierfür ist es notwendig, sich seiner Privilegien bewusst zu werden und internalisierte Denkstrukturen zu erkennen, rassistische Muster zu brechen und sich als Ally (zu dt. Verbündete*r) mit marginalisierten sowie diskriminierten Gruppen zu solidarisieren. Der erste Schritt sollte sein, von Rassismus betroffenen Menschen zuzuhören und ihnen zu glauben. Rassismus betroffenen Menschen wird oft ihre Erfahrung abgesprochen oder ihre Erlebnisse werden verharmlost, dabei sollte jede nicht von Rassismus betroffene Person reflektieren, aus welcher Position sie betrachtet und bewertet. In diesem Diskurs gilt es zu beachten, dass auch in Communities of Color Anti-Schwarzer-Rassismus existiert und Diskriminierung wegen unterschiedlicher Hauttönen (Stichwort “Colorism”) bei lightskinned BIPoC anders ist. Durch weiße Privilegien können Menschen, die nicht von Rassismus betroffen sind, nicht begreifen wie es ist, tagtäglich Mikroaggressionen ausgesetzt zu sein. Denn für Weiße scheint die Auseinandersetzung mit rassistischen Stereotypen nicht nötig, da das Weißsein als Norm gilt. Viele meinen, alle Menschen ohne Unterschied zu betrachten und Hautfarben nicht im Zusammenleben nicht wahrzunehmen – Aussagen aus einer privilegierten Position.
Es reicht nicht aus, auf Instagram einmalig einen schwarzen Kasten zum #blackouttuesday als symbolisches Zeichen gegen Anti-Schwarzen Rassismus zu posten, weil es eine kontinuierliche Frage ist, mit der Schwarze Menschen ständig konfrontiert werden. Daher ist der Ausdruck „All Lives Matter“ problematisch, denn Schwarze Menschen sind verstärkt Gewalt ausgesetzt, weshalb Differenzierungen wichtig sind. Das fängt bei kultureller Aneignung an und zeigt sich weiterhin bei der Verwendung des N-Wortes, deren Reproduktion gewaltvoll bleibt.
Bücher von BIPoC Autor*innen zu lesen, Schwarzen Journalist*innen, Aktivist*innen und Politiker*innen in sozialen Medien zu folgen oder Petitionen zu unterschreiben, zu demonstrieren und zu spenden, sind der mindeste Support, der von nicht Betroffenen geleistet werden sollte. Intersektionalität ist in der Rassismuskritik grundlegend, um sich für komplexe Zusammenhänge und Erfahrungen annähernd zu sensibilisieren. Black Lives Matter wurde von drei queeren Schwarzen Frauen ins Leben gerufen (Quelle: BIPoC LGBTIQ* Organisation Gladt e.V.), die nach dem Tod von Trayvon Martin, der durch Racial Profiling 2012 starb, die Bewegung starteten. Rassismen tauchen nicht plötzlich auf, sie sind nicht nur an einem Ort feststellbar, sondern in gesellschaftlichen Strukturen, in globalen Machtverhältnissen und im kapitalistischen System verstrickt und nein, daher kann es keinen Rassismus gegen weiße Menschen geben. Um mit der anti-rassistischen Arbeit zu beginnen, ist es bedeutend, einen Schritt zurück zu treten und insbesondere Schwarzen Menschen und People of Color zuzuhören.
Im Folgenden ein paar Folge-Empfehlungen zum Hören
Realitäter*innen PODCAST Einzelfolge: #BlackLivesMatter Special – Warum die Schwarze Community endlich gehört werden muss (EP 10, 04.06.2020)
Maciré und Fatou möchten mit ihrem Podcast die “Politisierung Schwarzer Menschen inspirieren”. Sie glauben an Schwarze Befreiung und wollen mit ihrem Podcast einen Beitrag dazu leisten, indem sie komplexe Zusammenhänge erklären, Schwarze Geschichte und das Leben Schwarzer Menschen in Deutschland in den globalen Kontext einordnen und englischsprachige Literatur zugänglich machen. Die Podcasterinnen betonen, dass Schwarz als soziale Kategorie verstanden wird und besprechen die Konstruktion von “Rasse” als Rechtfertigung für Unterdrückung, Ausbeutung, Versklavung und Völkermord im historischen Rückblick vom vorkolonialen Sklavenhandel, über die Geschichte Deutschlands im 20.Jahrhundert bis zum fortwährenden Weitertragen des rassistischen Systems in die Gegenwart. “Gewalt an Schwarzen Körpern ist Normalzustand”, dessen weiß gesetzte Norm Ungleichbehandlung institutionalisiert und Schwarze Menschen kriminalisiert. Es geht aber nicht nur darum, Schwarzes Leid sichtbar zu machen, sondern auch Schwarzes Leben zu zeigen und “AfroSpirit” zu feiern, und sich gegenseitig für Schwarzen Widerstand zu empowern, weshalb sie auch News vom afrikanischen Kontinent in den Podcast mitbringen. Der Podcast ist “kein Ort für White Tears” und richtet sich nicht an weiße Menschen.
Auf eine Tüte
Journalist:in und Kolumnist:in Hengameh Yaghoobifarah, wegen der eigenen “Habibitus”-Kolumne bei der taz und Instagram auch unter diesem Namen zu finden, trifft sich “auf eine Tüte” mit Bekannten, die ihren Schrank mit Baggage öffnen und anhand des Sortiments aus ihrem Leben erzählen. Hengameh fragt zum Beispiel Rap-Künstlerin Nura, Schriftstellerin Fatma Aydemir, Journalistin + DJ Miriam Davoudvandi, Moderator + Videojournalist Tesfu Tarik, Journalistin + Podcasterin Alice Hasters, Musikerin Ebow oder Schauspielerin Banafshe Hourmazdi danach, welcher Taschen-Typ sie sind und können dabei lange über Style und Praktikabilität schnacken. Mit dem Emotional Baggage geht es an die schweren Päckchen, die mit der Leichtigkeit der It-Bags für den Moment wieder abgeworfen werden. Bei der “Katze im Sack” werden versteckte, persönliche Errungenschaften wertgeschätzt und in die Schultüte packen die Gäste noch Ratschläge und Lebensweisheiten aus Erfahrung für die Zuhörer:innen ein. Empfehlenswerte Ergänzung ist das Buch (Eure) Heimat ist (unser) Albtraum, was von Hengameh Yaghoobifarah mitherausgegeben wurde.
Weil für Dominik Djialeu und Zuher Jazmati queere Menschen und BIPoC in den deutschen Medien zu kurz kommen, gründeten sie den BBQ – Der Black Brown Queere Podcast, der Perspektiven aus der nicht-weißen Community ins Zentrum stellt. Für und mit QTI*BIPoC (Queer Trans* Inter*sexual Black Indigenous People of Color) und ihren Allies (Unterstützende, Verbündete) schauen sie auf Communities, ihre wechselseitige Beeinflussung und sprechen über Identifikation und Zugehörigkeitsgefühl. Die erste Folge startete im Juni 2020 mit der Sicht auf queere PoC in der Sexarbeitbranche, wo es unter anderem um BDSM ging. In weiteren Folgen tauschen sie sich mit Gästen über Solidaritäten zwischen muslimischen Communities und queeren Communities bzw. zur muslimisch-queeren Community aus, diskutieren über Fetischisierung und Rassismus in der queeren Dating-Szene, behandeln das Thema Einsamkeit und analysieren die fehlende Repräsentation von QTI*BIPoC auf den Fernsehbildschirmen und Queerness im Rap, die kaum im Mainstream präsent ist.
In dem Podcast Bin ich süßsauer? interviewt Sung Un Gang, Medienwissenschaftler, queere asiatische Menschen und führt dabei zugewandt und aufmerksam durch die Gespräche. Die Gesprächspartner*innen erzählen von ihren Leben und Erfahrungen, die auch mit Homo- oder Transphobie zusammenhängen. Ausgangspunkt ist nicht unbedingt Deutschland, sondern ebenso die Perspektive als queere Person auf anderen Kontinenten. Dabei geht es beispielsweise darum, wie es ist, sich als erste Person in einem Land öffentlich zu outen. Ihre individuellen Geschichten berichten von schwierigen Wegen und zeigen, wie sie sich das erkämpft haben, was sich für sie gut anfühlt und darüber hinaus, wie wichtig Gespräche über Diskriminierung innerhalb der eigenen asiatischen Community sind.
Joana und Jaide machen den Podcast, um mehr Repräsentation von Women of Color in Deutschland zu schaffen und von ihren Erfahrungen in rassistischen Strukturen zu erzählen. Sie problematisieren Darstellungen von Stereotypen und das Fehlen von Identifikationsfiguren in den Medien und berichten, was es mit ihnen gemacht hat. In jungen Jahren schon aufgrund des Aussehens anders behandelt zu werden und mit dem Gefühl, ungenügend zu sein oder im Bildungssystem mit Selbstzweifeln konfrontiert zu werden, besprechen sie auch anhand der Wirkung des Impostor Syndroms. Die Podcasterinnen zeigen auf, woher Blackfishing kommt und erklären passend in einer anderen Folge, was weiße Privilegien sind. Und nicht zu vergessen, die Frage aller Fragen, die PoC ständig gestellt bekommen: “Woher kommst du her?” wird von ihnen auseinandergenommen.
Die Radiomoderatorinnen Soraya und Refiye haben einen migrantischen Hintergrund gemeinsam und das Gefühl, im Gegensatz zu anderen in der weißen Mehrheitsgesellschaft ‚strenger‘ aufgewachsen zu sein. Bei einem Glas Tee sprechen sie über Alltagsherausforderungen, Gelantinefreies/Halal Food zu finden, über die Verurteilung von Heirat und lachen über Klischees. Außerdem thematisieren sie schwierige Konzepte wie das der ‚Jungfräulichkeit‘, der Ehre oder dem Druck der Schönheitsideale und sagen ihre Meinung dazu. Empfehlung geht besonders zu der „K-Wort“- Folge raus, wo die beiden Podcasterinnen mit Malcom und Marcel von der Kanakischen Welle über die Definition in Bezug auf Rassismus- und Klassismuserfahrung, Vereinnahmung und den Gebrauch des Begriffes diskutieren.
Aktuell jubiliert der Podcast, der von den Journalisten Vassili Golod und Jan Kawelcke moderiert wird, seine 50. online gegangene Folge. Seit Sommer 2018 spricht (Deutsch)Rap hier mit Politik und Politik trifft (Deutsch)Rap. Bekannte Stimmen und hochkarätige Gesichter aus der HipHop Szene und Politik sind regelmäßig zu Gast. “Machiavelli ist eine Art Arena”, sagt Vassili in der Hochzeitsfolge, in der Kämpfe im Dialog stattfinden. Es geht ihnen nicht um Konsens, wie auch im Umgang der Moderatoren miteinander zu bemerken ist, sondern um ein respektvolles Gegenübertreten in Diskussionen, in denen unterschiedliche Positionen aufeinandertreffen. In dem Podcast kann mensch etwas über Rap Geschichte, politische Zusammenhänge, ‘Zeitgeist’ und gesellschaftliche Entwicklungen lernen. Es wird außerdem in den US-Rap und zu weiteren europäischen Städten geschaut, um die musikalische und politische Landschaft sichtbar zu machen. Mit gut recherchierten und aufbereiteten Inhalten arbeiten sie die Reibungspunkte und Schnittstellen zwischen Rap und Politik heraus und stellen sich sowie ihren Gästen kritische Fragen. Seit April 2020 ist das Machiavelli-Podcastcrew um Salwa Houmsi erweitert, die alle zwei Wochen mit Jan über gegenwärtige Geschehnisse aus Rap und Gesellschaft informiert.
Wer die Datteltäter*innen nicht von Youtube kennt, hat was verpasst. Dort spielen sie auf satirische Weise mit Vorurteilen von sowie gegenüber Muslim*innen und behandeln zum Beispiel in den Formaten Wahrheit oder Vorurteil, Sag mir…, ob ich deutsch/konvertiert/geflüchtet/radikal…bin, stereotype Vorstellungen. In ihrem Podcast Dattel & Chill schallen eher ruhigere Töne: Sie beschäftigen sich mit Themen der muslimischen Community, setzen sich hierbei mit dem Rollenvorstellungen und Perspektiven muslimischer Frauen auseinander, diskutieren die (Nach-) Frage von Vorbildern oder reflektieren im Fastenmonat Ramadan ihre Gedanken und Erlebnisse.
Die selbsternannten Dauernörgler, bestehend aus Eren Güvercin, Engin Karahan und Murat Kayman, sprechen über das muslimische Leben in Deutschland und diskutieren differenziert aktuelle Themen und Ereignisse wie den Terroranschlag in Hanau oder das auf dem privaten Fernsehsender ProSieben laufende Video „Männerwelten“. Die Podcaster reflektieren ihre Sozialisation in der muslimischen Gemeinde und den Einstieg in neue Diskurse durch das Eintreten ins akademische Umfeld. Fragen der Identitäten und der Erinnerung sind wiederholte Gegenstände der drei mit türkischer Migrationsgeschichte und aus dem Journalismus, Beratungs- und Rechtsbereich stammenden Podcaster. Sie setzen sich beispielsweise für ein verfeinertes Diskutieren hinsichtlich Erinnerungskultur ein, indem sie sich mehr Plattform für junge Juden und Jüdinnen in Deutschland und in der Türkei wünschen.
In diesem Podcast wird asiatische Diaspora in Deutschland behandelt und in kritischen Reflexionen Zusammenhänge zwischen Erfahrung und gesellschaftspolitischen Dynamiken herausgearbeitet. Xinan und Cuso besprechen karikative Darstellungen von Asiat*innen und was Stereotypisierungen, Bilder von asiatisch markierter Männlichkeit oder Exotisierung und Fetischisierung von asiatisch gelesenen Frauen, für Effekte haben. Wie sich Rassismus über den Alltag hinaus ausdrückt, verdeutlichen sie immer wieder durch vielfältige Verweise auf das postmigrantische Leben in Deutschland und durch postkoloniale Kontextualisierung. Für die Podcaster*innen stellt der gebräuchliche Identitätsbegriff eine starre Konstruktion dar, die den fließenden Selbstbezeichnungen und beweglichen Identifikationen nicht entspricht. Sie sprechen über persönliche Aushandlungen von asiatischen, queeren Identitäten und diskutieren Problematiken und Wirkungen von Kategorisierungen. Neben Problematiken der Festschreibung, verhandeln sie im Gespräch, wie über diese auch politische Potentiale für kollektive Erfahrungen zu Solidarität geschaffen werden können. Warum Aktivismus für Sichtbarmachung wichtig sind, welche Strategien bei Empowerment und Self Care helfen können und was für Konflikte in der links-aktivistischen Szene bestehen, diskutieren die beiden oftmals mit Gästen in sehr intensiven Gesprächen. Lesenswert ist das Interview auf: https://www.rosalux.de/news/id/40065/gehoert-werden/
Thea Suh beschreibt sich als „Nordlicht mit koreanischen Wurzeln“ und greift als studierte Musikethnologin mit Fokus Ostasien gerne popkulturelle, alltagsweltliche Themen rund um Südkorea auf. Außerdem spricht sie über Rassismus gegenüber Asiat*innen im Zusammenhang mit Corona. Parallel hatte sie den politischen German Panda Podcast, den sie nun mit diesem Podcast zusammengelegt hat. Dort ging es auch um die Situation von BIPoC, um rassistische Anschläge in Deutschland sowie Selfcare im Aktivismus.
Synchronsprecherin und Schauspielerin Maximiliane Häcke und Journalistin Alice Hasters kennen sich aus Kindertagen und sind beste Freundinnen. Wie sie zusammen gewachsen sind, was sie in ihrer Jugend beeinflusst hat, fließt in ihre popkulturellen Analysen zu beispielsweise Film und Musik ein, wo sie problematische Figuren und Stereotypisierungen aufzeigen. Maxi und Alice nehmen gesellschaftliche Konstruktionen in den Blick, diskutieren feministische Perspektiven und thematisieren reproduzierte Rassismen zwischen Popkultur und Politik, indem sie ‘Mainstream’-Denkweisen behandeln. Die Folgen strotzen vor vielen Verweisen und sind mit Sprachsequenzen aufgelockert. Die Zuhörer*innen können die beiden ein wenig auf ihrem freundschaftlichen Werdegang begleiten, die eigene Position bzw. Perspektive durch die offene Kommunikation der beiden zur eigenen Sensibilisierung mitreflektieren und vor allem aus dem Input einiges lernen. In diesem Jahr kam das Buch “Was weiße Menschen nicht hören wollen, aber wissen sollten” heraus, welches Alice geschrieben hat.
„Ich habe auch was zu sagen“, antwortete Delal im Made in Germany Podcast auf die Frage nach ihrer Motivation, einen eigenen Podcast zu starten. Sie fühlte sich als Hijabi nicht repräsentiert, auch nicht in der Podcast Landschaft, der sie schon lange folgt. Das inspirierte sie dazu, selbst einen Podcast mit ihrer Freundin Erva zu starten. Delal und Erva schildern ihre Diskriminierungserfahrungen aus dem Alltag und Erlebnisse aus der Schulzeit und der Arbeit, die sie als kopftuchtragende Frauen immer wieder stigmatisieren. Nicht nur zum anti-muslimischen Rassismus haben die beiden 21-jährigen Folgen aufgenommen, sondern auch zu Fluchtgeschichten und dem Werdegang im Bildungssystem. Was die Podcasterinnen noch bewegt, sind Fragen rundum Halal Dating, Sexualität, Beziehungen und junge Ehe, vegane Ernährung und ihre Liebe zum Reisen. Was es bedeutet, als sichtbare Muslima oder als homosexueller Muslim in Deutschland zu leben, zeigen die beschriebenen Reaktionen, und regen darüber hinaus in der Zuhörer*innenschaft zum Austausch an. Sie möchten ein Gefühl der Gemeinsamkeit innerhalb einer postmigrantischen Gesellschaft schaffen und laden dazu ein, Vorurteile abzubauen.
Der Halbe Katoffl Podcast ist ein deutschsprachige Vorreiter unter den PoC Podcasts und wird häufig von anderen Podcasts of Color als Inspiration gewürdigt. Der Journalist Frank Joung bezeichnet sich selbst als “Halbe Katoffl” und interessiert sich für Menschen mit Migrationsgeschichte, ihre Biografien und spannende Wendepunkte in ihren Leben. In der “Gesprächsreihe mit Deutschen, die nicht-deutsche Wurzeln haben”, wird über Rassismus-Erfahrungen gesprochen, über das Leben mit verschiedenen Kulturen erzählt und zu Beginn immer im “Klischeé-Check” mit Vorurteilen und Stereotypisierungen gebrochen. Es sind weniger politische Meinungen präsent, weil keine Diskussionen über spezifische Themen im Vordergrund stehen sollen, sondern der Mensch und seine Geschichte mit Höhen und Tiefen. Unter anderem werden Sportler*innen eingeladen, die Einblicke in ihre Laufbahnen, Motivationen, ihre Arbeit und die Begegnungen innerhalb ihrer Sportbereiche geben.
Bei dem Titel handelt es sich um eine Begriffsanlehnung an das Bundesministerium des Innern, für Bau – und seit 2018 für ‘Heimat’. Heimat – ein deutschsprachiges Wort mit spezieller Geschichte, das aufgrund seiner Verfassung kaum in andere Sprachen zu übersetzen ist. Es zeigt eine Verbindung zu etwas, das in subjektiver Verknüpfung definiert wird. Zur Bedeutung des Wortes ist oft die Frage um Identität involviert. Die Podcasterinnen Helena Kaufmann und Melis Yesilkaya wollen verstehen, was für sie Heimat heißt und gehen mit ihren Gästen den Spuren der familiären Geschichte nach und erzählen in Storytelling Abschnitten, was sie erleben und reflektieren, was es mit ihnen aus migrantischer Perspektive macht.
Die Journalisten Marcel Nadim Aburakia und Malcolm Ohanwe bringen komplexe Verbindungen und eine große Portion Flavour in ihrem Podcast zusammen. Diesen Spagat versuchen sie zu meistern, indem sie eigene (Identitäts-)Kämpfe, Andersbehandlung wegen Herkunft, Aussehen oder des Namens und gesellschaftspolitische Themen verknüpfen. Gerade die Verschränkung von Mehrfachdiskriminierung wollen sie im Gespräch mit Betroffenen sichtbar machen, diskutieren über verzerrte Männlichkeitsbilder und interviewen zu (Re-)Präsentation von Black and Indigenous People of Color in der Popkultur. Weiße Menschen können lernen, was ihre ‚Orientalisierung‘ und ‚Exotisierung‘ (beide Begriffe mit Anführungszeichen, da grundproblematisch) von migrantischen, nicht-weißen Menschen verursacht, welche Privilegien sie genießen und warum ‚weiße Tränen‘ sowohl beim Reisen als auch beim (deutschen) Klima-Aktivismus schwierig sind, ja, ausschließend sind und Verantwortung verschieben.
Was bedeutet für dich “Made in Germany?” Diese Frage wird den Gästen am Ende jeder Folge gestellt. Meist werden Menschen mit Migrationshintergrund, wie mensch auf bürokratischen Deutsch sagt, mehr als eine Stunde interviewt. Darunter befinden sich ein paar bekannte Gesichter aus Entertainment, Journalismus, Politik, Musik – aber auch Menschen mit interessanten Geschichten außerhalb des öffentlichen Lebens stellen sich in dem Podcast vor. Seit Frühjahr 2019 wurden bereits 48 Folgen produziert und in dem Gespräch mit Kanak_iz_da verrät der Gastgeber selbst, was für ihn “Made in Germany” heißt. Die Interviews sind nicht nur was für die Ohren, sondern auch auf Youtube zu sehen.
Frisch dabei in der Podcast-Szene ist Mai und greift aus non-binärer Perspektive mit thailändischem Hintergrund verschiedenste Themen auf. Wie sich der Podcast weiter entwickeln wird, erzählt Mai im “Bin ich süßsauer?”-Podcast, wird sich zeigen, Popkulturelles oder Wissenschaft könnten Thema werden. Dort führen sie auch ein spannendes Gespräch über Polygamie. In den ersten beiden Folgen geht es um Rassismus in Liebesbeziehungen aus Perspektive weiblich gelesener, asiatisch markierter, in Deutschland lebender Personen of Color.
Matatu ist ein deutschsprachiger Afro-Podcast, der von Caro, Jackline und Paul seit Ende 2018 moderiert wird. Matatus sind Sammeltaxis, die in der ostafrikanischen Region wichtige Transportmittel des öffentlichen Nahverkehrs darstellen und so verschieden aussehen, wie die afro-diasporische Community und die Biografie der drei Podcaster*innen (“Tatu” bedeutet auf Swahili Drei), erzählt Paul in der ersten Folge. Die Drei verbindet, dass ihre Familien aus dem ostafrikanischen Raum kommen oder dort leben, die Podcaster*innen selbst dort zeitweise gelebt und sich an ihrem Wohnort Berlin kennengelernt haben. Sie wollten eine Lücke in Podcasts füllen, indem sie über Afrokultur, afro-diasporisches Leben auf zwei Kontinenten sprechen und gesellschaftliche Themen angehen. Aus persönlichen, biografischen Erlebnissen heraus tauschen sie sich über Afroshops, Mehrsprachigkeit, Reisen, Aufwachsen in Deutschland und über Schwarze Geschichte in Deutschland, Colourism und Rassismus mit vielen Leseempfehlungen aus, und setzten sich kritisch mit “Entwicklungszusammenarbeit” auseinander.
Bevor der Podcast Parallel dazu 2019 gestartet ist, fanden unter einer Freundesgruppe aus Hamburg laufend Gespräche zu gesellschaftlichen Verhältnissen, politischen Bedingungen und den eigenen Erfahrungen als BIPoC in Deutschland statt. Warum also nicht den Austausch in einen Podcast teilen und für Schwarze, Indigene Menschen und People of Color in einer weißen Mehrheitsgesellschaft Verbundenheit schaffen? “Parallel zum Mainstream”, sagen sie, denn sie wollen sich hörbar machen. Außerdem ist der Podcast-Titel ein Wortspiel mit dem problematischen Begriff der ‘Parallelgesellschaft’, der migrantischen Communities Abschottung unterstellt und ‘Integrationsverweigerung’ vorwirft. Ihre Diskussionen zu Alltagsrassismus, Safer Spaces, Aufwachsen mit Mehrsprachigkeit und das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten sind “Momentaufnahmen” der Entwicklungen und Haltungen zu Themen, die sie aus individueller Perspektive schildern und gemeinsam diskutieren. Akademische Begriffe werden erklärt und Selbstbezeichnungen kontext- und personenabhängig beschrieben, weil die Rassismuserfahrungen unterschiedlich sind.
Instagram / RampeReicht! – Ein zweiwöchiger Pocast über Behinderungen, gesellschaftliche und Community-interne Ausschlüsse und Roboterpopo’s.
In der ersten Staffel sprechen SchwarzRund und simo tier über Wohnmarkt, Freund_innenschaften, wichtige Begriffe und Un_Sichtbarkeiten in den Behindertenbewegungen.
Realitäter*innen
Der Podcast der Realitäter*innen sensibilisiert für verschiedene Lebensrealitäten und macht Perspektiven sichtbarer, die in der pluralistischen Gesellschaft strukturell ungleich behandelt werden. Unter den Stichworten “inklusiv. intensiv” lädt das bekannteDJ Duo Hoe_mies(Gizem Adiyaman & Lúcia Luciano) spannende Gäste ein, mit denen sie aus queerer, feministischer und intersektionaler Sicht of Color unter Berücksichtigung der eigenen Privilegien unter anderem über Multidating und Beziehungskonzepte, selbstbestimmte Sexarbeit, Feminismus, Männlichkeit, Body Positivity und Schönheitsideale, Obdachlosigkeit während Corona und die Medienlandschaft sprechen. All die behandelten Themen pulsieren auf den Partys, deren empowernde Vibes und Gespräche über aktuelle gesellschaftliche Geschehnisse die beiden in den Podcast mitgenommen haben.
Vanessa Vu sagte in der Folge zu vietdeutscher Comedy, dass ihr eine Echokammer fehlte. Damit ist gemeint, dass sie in ihren jüngeren Jahren niemanden zum Spiegeln mit ähnlicher Erfahrung hatte, wie andere sich vielleicht in bestehenden Communities verbunden fühlen, sich mit den Lebensgeschichten der Mitmenschen identifizieren und dabei ein Selbstverständnis entwickeln können. Gemeinsam mit Minh Thu Tran und Linh Tran, die später in die Produktion beigetreten ist, hat sie mit dem Podcast Rice and Shine eine solche Echokammer für die vietdeutsche Community im deutschsprachigen Raum gestaltet. Minh Thu und Vanessa verbinden persönliche Erlebnisse mit gesellschaftlichen Themen oder laden dazu Gäste ein, deren Erfahrungen sich um Anti-Asiatischen Rassismus, Klassismus und Sexismus drehen. Die Journalistinnen nehmen Popkulturelles unter die Lupe und setzen sich mit transgenerationalen Themen auseinander, wie in der Folge zu ‚Boat People‘, die über das offene Meer aus Vietnam flohen.
TAZ Weißabgleich
Die Podcaster*innen von Weißabgleich sind beruflich mit der TAZ verbunden und erkennen den Bedarf, für und von People of Color einen Raum für Austausch zu schaffen. Sie stellen sich unter anderem die Frage, für wen der Verfassungsschutz gilt, diskutieren über politische Diskurse und sprechen über gesellschaftliche Ungleichheiten, die auch ihre persönlichen Geschichten betreffen. Wie funktioniert Empowerment und was können Eltern von Kindern of Color tun? Welche (strategische) Bedeutung haben Humor und Wut, um mit Rassismus umzugehen? Die Gespräche sind begleitet von dem Thema, wie weiß sich die Podcaster*innen fühlen und verhandeln dabei sprachliche Kategorien.
“Happyland ist kein schönes Land”, sagt Tupoka Ogette im Interview Podcast Hotel Matze. >Happyland< bezeichnet sie als den Zustand, in dem sich weiße Menschen vor der Beschäftigung mit Rassismus befinden. In ihrem Buch exit RACISM prägt Tupoka diesen Begriff, um weiße Menschen bei der Sensibilisierung einer rassismuskritischen Perspektive zu helfen und fordert damit auf, den unbeschwerten Ort, in dem Ungleichheiten ignoriert werden, zu verlassen (April 2020 als Hörbuch erschienen). Im letzten Jahr hat sie den Podcast Tupodcast gestartet und trifft sich für empowernde Gespräche mit Schwarzen Frauen. Es geht unter anderem um ihre individuellen und gemeinsamen Strategien des Widerstandes, ihre Wege zur Politisierung und über das, was sie tun und was sie bewegt.
Seit der Verbreitung des Virus COVID-19und der Bekanntmachung der Pandemie hat der Anti-Asiatische Rassismus zugenommen und zeigt in dieser Situation umso mehr, dass asiatische Perspektiven in Deutschland wenig Wahrnehmung bekommen und im Mainstream unterrepräsentiert sind. Dabei fanden regelmäßig Angriffe auf (ost-)asiatisch gelesene Menschen statt und Schuldzuweisungen für den Virus wurden an China und Reisende aus dem Land gemacht. Das negativ produzierte Bild von Chinesinnen*Chinesen und die Vereinheitlichung von Communities des asiatischen Kontinents und seiner Diaspora insgesamt, ist ein Zeichen von Rassismus.
Die Kategorisierung in Asiat*innen ist so nicht richtig, denn Asien ist ein vielfältiger Kontinent, der von Russland bis nach Sri Lanka und Indonesien reicht und je nach geografischer, politischer Karte oder sonstiger Darstellungen, eine andere Perspektive mit unterschiedlicher Deutung zeigt. Bestimmte Spezifizierungen hängen mit ausgewählten Merkmalen zusammen, um systematisch Menschen in Gruppen zu fassen und durch Konstruktionen des Andersmachens auszugrenzen, wie es erneut beispielhaft während der Corona Pandemie geschieht. Neben Anfeindungen im öffentlichen Raum leiden auch, oder gerade von Asiat*innen geführte Restaurants und Läden mit asiatischen Produkten unter den Zuständen. Einige Stimmen aus der asiatischen Diaspora sind schon länger in Podcasts* zu hören und berichten aktuell in ihren Podcasts von ihren Erlebnissen und analysieren aus ihren Perspektiven gesellschaftliche Entwicklungen. Es geht in den Podcasts aber nicht nur darum, Rassismus in Deutschland offenzulegen, sondern besonders darum, sich in der/für die eigene Community darüber auszutauschen, was sie und ihre Communities bewegen. Die Podcaster*innen möchten Repräsentation schaffen und laden dazu ein, ihren Gesprächen zu zuhören.
*In den Podcast Vorstellungen werden einige der Podcaster*innen mit vollständigem Namen und andere nur mit Vornamen vorgestellt. Außerdem wird sich an den Selbstbezeichnungen der Personen orientiert. Dies ist so, weil die eigenen Angaben und Informationen der Podcaster*innen berücksichtigt werden sollen.
Der rechtsextremistische und von Verschwörungstheorien beeinflusste Terroranschlag am 19.Februar 2020 in Hanau liegt wenige Monate zurück, scheint aber kaum einen Nachhall in Gesellschaft, Politik und Medien hinterlassen zu haben. Die Diskussion um den Fall, bei dem zehn Menschen ermordet wurden, ist in Deutschland von der Berichterstattung über den Virus COVID-19 erstickt. Der Angriff fand auf eine Shisha Bar statt. Einem Raum, der häufig als Schutzraum für nicht-weiße Menschen mit Migrationsgeschichte dient. Die Shisha Bar als ein von der Mehrheitsgesellschaft stigmatisierter Ort, ist ein bewusstes Ziel der vorsätzlichen Tat gewesen. Der Umgang mit Shisha Bars zeigt, wie diese oft grundsätzlich gesellschaftlich, medial und politisch kriminalisiert und in diesem Zusammenhang ‘orientalisiert’ werden.
Wie der Literaturtheoretiker Edward Said skizziert, fungiert die Produktion des ‘Orients’ und den dazugehörig nach selektiven Assoziationen markierten Menschen, als Gegenbild für Projektionen. Durch diese Produktion werden Orte und Menschen zum ‘Anderen’ gemacht, die ein kulturelles Gegenüber darstellen sollen, von dem sich abgegrenzt wird.
Der Anschlag in Hanau könnte von solchen Imaginationen der Entgegensetzung beeinflusst sein, die gesellschaftlich seit Jahrzehnten aktualisiert werden, um immer wieder Ausgrenzungen von Menschen zu rechtfertigen, die auf rassistischen Einbildungen beruhen.
In der Podcast-Folge “Gedanken zu Hanau” von Feuer & Brot verweist Alice Hasters auf die Fremdbeschreibung der ‘Gastarbeiter*innen’ und auf die Folgegenerationen der Immigrierten, die auf bestimmte Weise be- bzw. gezeichnet werden. So seien im Fall Hanau, die Menschen von einer Mischung aus Rassismus und Klassismus betroffen. Dabei wird das Bild der sogenannten ‘Deutschen‘ gegen die vermeintlich ‘Anderen‘ erneut sichtbar, welches strukturprägend in Deutschland ist.
Das Schirmphänomen des Rassismus taktiert in seiner Verwobenheit mit Klassismus und Sexismus, um ihre ideologische Ungleichwertigkeit zu begründen, indem Menschen auf Grundlage von Kategorien wie Herkunft oder Geschlecht eingeordnet werden. Bestimmte Merkmale wie das Aussehen werden herausgepickt, um stereotypische Bilder herzustellen und zu bedienen. Privilegierte Gruppen der Gesellschaft begreifen sich als etabliert und versuchen Menschen zu Außenseiter*innen, zu ‘Randgruppen’ zu machen und dabei Bilder des ‘Fremden’ aufrecht zu erhalten. Deutlich wird eine gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, die sich besonders gegen Menschen richtet, welche als nicht-weiß sowie nicht-europäisch definiert werden. Eine Ausprägung hierbei ist die des antimuslimischen Rassismus. Dieser antimuslimische Rassismus hat beim Täter in Hanau eine Rolle gespielt und hängt ebenso mit Vorstellungen des ‘Orientalischen’ sowie zugeschriebenen Merkmalen zusammen, die oberflächlich in der Shisha Bar gesehen wurden.
Im Gedankensalat Podcast wird in der Folge zum antimuslimischen Rassismus darüber gesprochen, dass oftmals aufgrund von Zuschreibungen angenommen wird, dass Menschen muslimisch sind, obwohl sie es nicht sind. Oder muslimischen Menschen werden aufgrund ihrer Religiosität Fähigkeiten abgesprochen. Ein großer Teil der deutschen Bevölkerung empfindet den Islam als Bedrohung, dabei fehlt die Auseinandersetzung mit muslimischen Lebensweisen und hat im Zusammenhang mit Rassismus nichts mit religionskritischer Haltung zu tun. Der Youtube Kanal Karakaya Talk greift diese Problematiken auf, zeigt Perspektiven von Menschen, die kein Gehör finden oder in der öffentlichen Debatte unterrepräsentiert sind. Denn die Stimmen von Hijabis, die wegen ihres Kopftuches diskriminiert werden, oder von queeren Muslim*innen, welche einem vielfachen Druck ausgesetzt sind, sind vorhanden, müssen sich jedoch ihren Platz in der Öffentlichkeit erkämpfen.
Die Mehrdimensionalität von Rassismen ist zu berücksichtigen, weil diese dazu führen, dass zum Beispiel weiße Muslim*innen anders von Rassismus betroffen sind als Schwarze Menschen, Rom*nja und Sinti*zze oder Menschen die weitere Formen der Diskriminierung erfahren. Bei den Opfern des Anschlags in Hanau handelt es sich um junge Personen mit verschiedenen Hintergründen und Geschichten, die hier aufgewachsen sind und gelebt haben.
Wir gedenken Ferhat Unvar, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Said Nessar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Kaloyan Velkov, Vili Viorel Păun und Fatih Saraçoğlu, die vor fünf Monaten beim rassistischen Anschlag in Hanau getötet wurden.
Viele BIPoC_Podcaster*innen greifen die Effekte des Anschlags auf, da sie versuchen die Geschehnisse zu verarbeiten und keine politischen Konsequenzen sehen. Die Lücke in der Medienlandschaft motiviert verschiedene Podcaster*innen mit Migrationsgeschichte, und/oder muslimischen Background, ihre Teilhabe an gesellschaftlichen Diskursen erkennbar zu machen. Sie sprechen über Selbstbezeichnungen und fluide Identitäten in einer Welt, die klare Kategorien fordert und die Sprachkultur in Deutschland prägt. Sprache spielt bei den meisten hier empfohlenen Podcasts eine tragende Rolle hinsichtlich des Austausches über soziokulturelle Kontexte und dem sozialen Aufstieg durch Akademisierung. Eine Schnittstelle sind Fragen nach transgenerationalen Traumata/Konflikten, Möglichkeiten des Empowerments und der Selbstverortung. In jedem Fall eine Sache der Repräsentation von BIPoC und das Recht auf die Wahrnehmung sowie Positionierung in der deutschen Öffentlichkeit.